HWS Innovation Impuls - Blog 1

HWS Innovationspreis 2022 – Bewerben Sie sich jetzt

Zum ersten Mal vergibt der HWS einen Branchen-Innovationspreis. Der HWS würdigt die Entwicklung und Umsetzung von Innovationen in den Bereichen Produkt- und Service-Innovationen, Prozess-Verfahrensinnovationen, Geschäftsmodelinnovation sowie Management- und Organisationsinnovationen. Weil Innovation Teamwork ist, richtet sich die Auszeichnung an Ihre im Innovationsprozess involvierten Mitarbeitenden.

Bewerben Sie sich jetzt mit Ihrem Team um den mit CHF 5'000 dotierten Preis. Weitere Informationen finden Sie hier.

In der Blogserie «HWS Innovation Impuls» werden Themen rund um das Thema Innovation im Holzwerkstoff-Handel beleuchtet. Mit dem Blick von aussen geben Experten zu spezifischen Themen Denkanstösse und Inspiration zur Weiterentwicklung der Branche.

Interview von André Fischer, Unternehmensentwicklung | Projektleiter HWS Innovationspreis 2022

«Die zukünftigen Mitbewerber für den Handel sind Business Ökosysteme aus anderen Branchen».

Ivo Lenherr ist Unternehmer und Innovator der Schweizer Bau- und Immobilienbranche der ersten Stunde. Als Architekt und Verwaltungsrat von verschiedenen Firmen und Startups setzt er sich mit dem digitalen Wandel und neuen Geschäftsmodellen auseinander. Ein besonderes Augenmerk legt er dabei auf die zukünftige Rolle des Handels. Zu seinen Kunden zählen sowohl KMU wie auch Tech-Giganten. Er hat bei der Realisierung zahlreicher Holzbau-Projekte mitgewirkt und bringt langjährige Erfahrung in der Verwendung von Holzwerkstoffen mit. Im Interview erklärt Ivo Lenherr, warum die aktuellen Geschäftsmodelle des Holzwerkstoff-Handels in der Zukunft sich wohl stark verändern müssen. Und er zeigt mögliche Wege auf, wie der Handel mit Business-Ökosystemen und weiteren neuen Lösungs-Ansätzen wettbewerbsfähig bleiben kann.

Ivo, du treibst die Transformation der Bau- und Immobilienbranche voran. Mit welchen Themen setzt du dich aktuell auseinander?
Im Kern geht es immer um disruptive Geschäftsmodelle. Wir beobachten permanent die Entwicklung in anderen Branchen und stellen uns die Frage, welche Auswirkungen diese auf die Baubranche haben könnten. Basierend auf Annahmen erstellen wir Zukunftsszenarien. Unser Fazit ist immer gleich: Die zentrale Frage lautet nicht ob sondern wann und wie sich Geschäftsmodelle aus anderen Branchen auch im Bau- und Immobiliensektor durchsetzen werden.

Wo ortest du die zentralen Treiber für die Geschäftsmodell-Innovation der Baubranche?
Disruptive Geschäftsmodelle vereinen Datengewinnung, Datenfilterung und Logistik. Dafür muss, ausgehend vom Kunden und seinem Verhalten, die ganze Wertschöpfungskette im Überblick behalten werden. Wir müssen in Zukunft fähig sein, Daten über die genauen Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen wie Nutzer, Auftraggeber und Eigentümer etc. gewinnen, um die daraus nötigen Schlüsse für ein erfolgreiches Projekt zu ziehen. Seitens Logistik muss beachtet werden, dass die Baustelle in der Zukunft zu dem Ort wird, wo Bauteile zusammengesetzt werden. Man spricht hier von «Assembling». Die Bauteile werden in der Form von Ressourcenpaketen vorgefertigt und auf der Baustelle verbaut. Das bedeutet, dass die Produktionsplanung stärker an Bedeutung gewinnen wird. Das ist ein Fakt. Umso erstaunlicher ist es, dass die Baubranche jedoch grossmehrheitlich gegenüber diesen Veränderungen die Augen verschliesst.

Die Baubranche verschläft also zukunftsweisende Trends.
Genauer gesagt befindet sich in einer Art Dämmerschlaf - einem tiefen schmerzfreien Entspannungszustand. Der Schmerz kommt erst beim Aufwachen.

Wo ortest du die Gründe dafür?
Die Baubranche boomt seit Jahren. Den Unternehmen geht es grösstenteils gut bis sehr gut. Es herrscht eine Scheinsicherheit, dass es immer so weiter geht und sich die Dinge nicht ändern werden. Das ist trügerisch und meines Erachtens fatal. Denn auch hocherfolgreiche und weltbekannte Unternehmen wie Nokia haben diesen Fehler bereits gemacht. Auch Nokia hat sich in falscher Sicherheit gewogen. Doch dann ging es schnell und innerhalb von wenigen Jahren waren sie von der Bildfläche praktisch verschwunden. Und dies hauptsächlich, weil das Management nicht realisiert, dass die neuen Mitbewerber von ausserhalb der Branche kommen. Und so kam es, dass Nokia Apple nicht auf dem Radar hatte. Danach ging es rasant bergab. Aus dieser und vielen ähnlichen Geschichten können wir heute lernen: Ich bin überzeugt, dass auch in der Baubranche die Mitbewerber von morgen von ausserhalb der Branche in den Markt drängen werden. Das können beispielsweise Technologie-Konzerne aus Asien oder Amerika sein.

Werfen wir einen Blick auf die zukünftigen Kunden der Baubranche. Die Generation Y und Z wird vermehrt auf Kundenseite die Rolle als Auftraggeber und Bauherr einnehmen. Was bedeutet dies für die Baubranche?
Die Generation Y und Z will, das man ihr zuhört und erwartet Lösungen, die genau zu ihrem Bedarf passen. Sie sind wissensbegierig und hinterfragen. Und sie wollen die Lösungen schnell haben. Das bedingt für die Unternehmen ein radikales Umdenken: Weg von der Angebots-Orientierung hin zur kundenzentrierten Bedarfs-Orientierung. Wir denken immer noch in Business-to-Business und Business-to-Customer Schemen. Stattdessen sollten wir ein Customer-to-Business-Denken etablieren.

Customer to Business für die Baubranche - was meinst du damit?
Eigentlich ist es simpel: Wir müssen lernen, die Nutzer der Immobilie genau zu beobachten und zuzuhören damit wir die Lösungen ausgehend von ihrem Bedarf entwickeln. Nur so werden wir ihre Erwartung verstehen. Bei fsp Architekten haben wir uns beispielsweise im Markt einen Namen für die Planung und Realisation von Bürowelten geschaffen. Ohne ein fundamentales Nutzen- und Kunden-Verständnis und die Bereitschaft den Bedarf des Kunden genau zu erfassen, würden wir niemals die Aufträge der Tech-Giganten oderinnovativen KMU's erhalten. In einem ersten Schritt sind Inspiration und Emotion gefragt. Dazu erstellen wir eine These und laden die Kunden proaktiv zum Dialog ein mit dem Ziel, die These zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Der Kunde wird in den Prozess involviert mit dem Ziel, eine gemeinsame Lösung zu kreieren. Wir versuchen die Sehnsucht für ein Thema zu wecken und zu inspirieren. Ausgehend vom Nutzverhalten. Wir denken und handeln also konsequent bedarfs- und nicht angebotsorientiert. Danach geht es darum, umgehend in Etappen zu planen und die Kunden für sie verständlich und sichtbar auf die Reise mitzunehmen. Steve Jobs hat immer gesagt, dass wenn die Sehnsucht hoch angesetzt wird, Projekte auch schneller umgesetzt werden. Dem kann ich aus eigener Erfahrung nur beipflichten.

Betrachten wir die Rolle des Handels mit Holzwerkstoffen in diesem Umfeld genauer. Hat dieser aus deiner Sicht in der heutigen Form noch eine Daseinsberechtigung?
Der Rohstoff Holz ist ein Baustoff mit Zukunft und steht für Nachhaltigkeit. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Nachfrage noch mehr steigen wird. Das ist per se eine riesige Chance. Holzwerkstoffe bleiben besonders im boomenden Holzbau ein zentraler Bestandteil. Kommt dazu, dass Holzbau-Unternehmen mit Teilfertigungssystemen vertraut sind. Und genau hier bietet sich meines Erachtens für den Holzwerkstoff-Handel eine grosse Chance: Ich gehe davon aus, dass Holzbau-Unternehmen in der Zukunft vermehrt Basis-Konfigurationen vom Handel erwarten. Einfach eine gute Holzplatte zu verkaufen, wird nicht mehr reichen. Die gelieferten Materialien müssen fixfertig bereit für die Verbauung auf die Baustelle geliefert werden.

Die Auswirkung auf die Prozesse im Holzwerkstoff-Handel wäre enorm…
Das ist richtig. Die neuen Prozesse werden dazu führen, dass Produktionspläne mit den Ausführungsplänen verschmelzen. Dadurch wird der Aufwand beim Planer reduziert. Das wiederum bedeutet, dass der Holzbauer seine Planung ausweiten wird. Der Holzbauer gestaltet beispielsweise eine Holzplatte in einem digitalen Modell so aus, dass er sie selbst verarbeiten kann. Dabei wird er sich fragen müssen, ob er die Holzplatte selbst in der geforderten Qualität und zum geforderten Preis bauen kann oder ob er sie von einem Händler bezieht, welcher ein entsprechendes Fabrikationszentrum bietet, um die Platte vorgefertigt auf die Baustelle zu liefern. Ähnliche Entwicklungen gab es schon in anderen Industrien wie beispielsweise der Fensterbranche. Was machen Händler von Holzwerkstoffen selbst, welches System wird eingekauft? Der Handel muss seine bestehenden Geschäftsmodelle hinterfragen. Meines Erachtens wird es schwierig als reines Handels-Unternehmen zu überleben.

Über Ivo Lehner

Ivo Lenherr ist unteranderem Mitinhaber von fsp Architekten und sattlerpartner architekten + planer AG. Das Unternehmen zählt rund 60 Mitarbeitende. Zudem ist er Partner beim Business Ökosystem ConReal Swiss AG. Ivo Lenherr setzt sich intensiv mir zukünftigen Entwicklung des Handels im Kontext der Bau- und Immobilienbranche auseinander. Er hat bei der Realisierung zahlreicher Holzbau-Projekte mitgewirkt und bringt langjährige Erfahrung in der Verwendung von Holzwerkstoffen mit. .Ivo Lenherr stellt an sein Team und sich den Anspruch, mit viel Entdeckergeist und kindlicher Neugierde eine Vorreiter-Rolle rund um den digitalen Wandel in der Bau- und Immobilienbranche einzunehmen.

Freuen Sie sich auf den zweiten Teil des Interviews nächste Woche!

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