«70 PROZENT DER HOLZWERKSTOFFE IN DER SCHWEIZ WERDEN IMPORTIERT»

Silvia Furlan ist Vorstandmitglied von Lignum Schweiz und seit mehreren Jahren auch Präsidentin des Verbands Holzwerkstoffe Schweiz (HWS). Im Interview spricht sie unter anderem über die Entwicklungen auf dem Holzwerkstoffmarkt, über die Sorgfaltspflicht bezüglich importierter Materialien und darüber, was für den Nachwuchs getan wird.

Frau Furlan, Sie sind seit 2018 Präsidentin des Verbands Holzwerkstoffe Schweiz (HWS). Wie ist der Holzwerkstoffhandel hierzulande strukturiert?

Die meisten Händler sind Vollsortimenter. Das heisst, sie bieten ein breites Sortiment an Holzwerkstoffen an – vom Parkettboden über Dämmstoffe bis hin zu dekorativen Produkten. Aber natürlich gibt es auch Händler mit einem bestimmten Fokus wie dem konstruktiven Holzbau oder Innenausbau. Einige handeln auch nur mit Rundholz. Der Holzwerkstoffhandel ist demnach sehr heterogen strukturiert.

Welche Aufgaben umfasst hierbei Ihre Funktion als Verbandspräsidentin?

Meine Aufgabe ist es, unsere Verbandsmitglieder über alles Relevante in der Branche zu informieren, zum Beispiel über neueste Normen und Vorgaben, aber auch darüber, wie sich der Markt grundsätzlich entwickelt. Zudem müssen unsere Partnerschaften mit Zulieferern wie zum Beispiel Flumroc oder Kronospan gepflegt werden.

Worin sehen Sie Ihre wichtigste Aufgabe als Verbandspräsidentin?

Was mir besonders am Herzen liegt ist die Aufgabe, den Handel innerhalb der Schweizer Wertschöpfungskette als wichtigen Partner zu positionieren.

Unterscheidet sich der HWS von anderen Verbänden innerhalb der Lignum?

Ja. Im Gegensatz zu anderen Verbänden wie Holzbau Schweiz oder dem VSSM (Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten) haben wir keine eigene Geschäftsstelle. Wir führen den Verband auf Mandatsbasis.

Wie viel Prozent der in der Schweiz angebotenen Holzwerkstoffe werden importiert?

Trotz grosser Unterstützung regionaler Produzenten können wir nicht alle Holzwerkstoffe, die hierzulande gebraucht werden, aus der Schweiz beziehen. Rund 70 Prozent werden importiert und an die weiterverarbeitende Holzindustrie geliefert. Der Schweizer Handel hat dabei die Sorgfaltspflicht, darauf zu achten, dass das Holz beziehungsweise die Holzerzeugnisse nicht illegal geschlagen oder gehandelt wurden. Deshalb muss die Rückverfolgbarkeit der Produkte sichergestellt sein. Die entsprechende Holzhandelsverordnung ist 2022 in Kraft getreten.

Hat sich das Sortiment der Holzwerkstoffe in den letzten Jahren verändert? Und wenn ja, inwiefern?

Ja, es hat sich stark verändert. Es gibt ständig neue Produkte – zum Beispiel hinsichtlich des Brandschutzes, der Akustik oder der Energieeffizienz. Und die Entwicklungen werden immer schneller, denn die Bedürfnisse auf dem Markt ändern sich rasch: Während Corona war beispielsweise die Nachfrage nach Produkten für den Innenausbau und für Terrassen plötzlich sehr gross. Mit der Energiekrise hat sich das dann wieder geändert. Im Moment steigt der Bedarf an Dämmstoffen. Der Handel muss sich also ständig den Marktgegebenheiten anpassen. Die Lager entsprechend zu bestücken, ist eine echte Herausforderung.

Welche Rolle spielt der Onlinehandel?

Das kommt auf die Produkte an: Standardprodukte wie Spanplatten werden eher im Webshop bestellt. Sobald es aber etwas mehr Beratung bedarf, läuft der Verkauf über den Aussendienst, also den klassischen Vertrieb.

Zu guter Letzt: Wie unterstützt der Verband den Nachwuchs?

Der Verband organisiert unter anderem Branchenkurse für KV-Lernende. In den üK (überbetrieblichen Kursen) werden ihnen die unterschiedlichen Materialien nähergebracht. So sehen sie beispielsweise, welche Holzwerkstoffe aus Fichte hergestellt werden. Oder sie besuchen Labore, in denen Materialtests durchgeführt werden. Seit diesem Jahr bieten wir diese Kurse übrigens auch in der Westschweiz an.

Silvia Furlan

Zunächst machte Silvia Furlan (*1959) eine kaufmännische Ausbildung, danach spezialisierte sie sich auf die Bereiche Marketing, Kommunikation, Unternehmensplanung und Qualitäts-management.
Seit 1996 ist sie in der Baubranche tätig und arbeitet unter anderem seit über 20 Jahren für die Kuratle Group.
Darüber hinaus vertritt sie mehrere Verbände im Vorstand, ist mitunter Vorstandsmitglied von Lignum Schweiz, VGQ (Verband Gebäudequalität Schweiz) und HBT Schweiz (Holzbearbeitungstechnik), ist Präsidentin des HWS (Holzwerkstoffe Schweiz), Vorsitzende von Holzbau Schweiz (Bereich Leistungspartner) und Beirätin der Messe Holz.
hwsschweiz.ch

Interview Susanne Lieber | Foto zVg

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